Literaturprojekt am Bahnhof Feldkirch wird fortgeführt
Am Welttag der Poesie wird der Literaturbahnhof mit neuen Inhalten fortgeführt. Nach Werken der Künstlerin Veronika Schubert im letzten Jahr folgen nun Haikus von verschiedenen Vorarlberger Künstler:innen, die am 21. März um 17 Uhr im Rahmen der Ausstellungseröffnung vor dem Bahnhofsvorplatz Feldkirch vorgestellt werden.
Seit 2006 ist der Feldkircher Bahnhof als „Literaturbahnhof“ der einzige seiner Art in Österreich. Der Literaturscreen in der Ankunftshalle, initiiert von Erika Kronabitter, lädt zum Lesen und Betrachten von literarischen Texten zum Thema Reisen, Sehnsucht, Fernweh, Nähe und Distanz einlädt. Im vergangenen Jahr wurde der „Literaturbahnhof“ von der Bahnhofshalle auf den neu gestalteten Bahnhofvorplatz erweitert. Auf Initiative des Kulturamts der Stadt Feldkirch wird diese künstlerische Intervention im öffentlichen Raum nun mit einem aktuellen Beitrag weitergeführt. „Die Lyrik am Bahnhofsvorplatz erinnert daran, dass Feldkirch eine Stadt der Literatur ist. Wir freuen uns über eine weitere Zusammenarbeit mit dem Theater am Saumarkt und Literatur Vorarlberg“, so Bürgermeister Wolfgang Matt.
Für das gemeinsame Projekt von der Stadt Feldkirch, literatur:vorarlberg und Theater am Saumarkt wurden 15 Autor:innen eingeladen, Haikus zu schreiben, die das aktuelle Thema der Veranstaltungsreihe Erbe & Vision „Rasender Stillstand“ (nach dem französischen Philosophen Paul Virilio) aufgreifen. Sie steuern mit ihren Werken einen literarischen Beitrag zum Thema zwischen „zunehmender Beschleunigung“ und „unbeweglicher Ohnmacht“ bei. Linda Achberger, Gabriele Bösch, Patricia Brooks, Ingo Cesaro, Christian Futscher, Susa Hämmerle, Johanna Hansen, Erika Kronabitter, Matthias Müller, Laura Nussbaumer, Nils Nussbaumer, Sarah Rinderer, Siljarosa Schletterer, Petra Sela und Waltraud Travaglini haben Haikus verfasst, die humorvoll und inspirierend, anregend und beglückend auf die Menschen vor Ort wirken sollen. „Die Haikus setzen sich ganz auf Ihre Weise mit dem Jahresthema ‚Rasender Stillstand‘ im Palais Liechtenstein auseinander: vom irren Jetski-Fahrer bis hin zum Mond, der wach getanzt werden will“, erklärt die zuständige Stadträtin Natascha Soursos.
Die Vorarlberger Künstlerin Omani Frei hinterlegt die Gedichte mit ihren Bildern, welche die Lyrik auf ästhetische Weise bereichern und die Wahrnehmung wunderbar verstärken.
Eine etwas andere Begegnung mit Lyrik, die eintauchen lässt in diese außergewöhnliche Sprachkunst.
Die Ausstellung wird am Tag der Poesie, 21. März um 17 Uhr auf dem Bahnhofsvorplatz in Feldkirch eröffnet und ist anschließend rund um die Uhr frei zugänglich.
Was ist ein Haiku?
Ein Haiku ist eine traditionelle japanische Lyrikform und gilt als kürzestes Gedicht der Welt. Es gilt strenge Regeln eizuhalten, denn das Gedicht muss aus drei Wortgruppen mit vorgegebener Silbenzahl bestehen und sich inhaltlich auf aktuelle Themen der Gegenwart beziehen.
Die Haikus
Linda Achberger | Totholz am Flussufer
Tag für Tag werd ich morscher was bleibt ist ein Bruch
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Gabriele Bösch | Abschied um Abschied darüber ruht still ein Schloss |
Patricia Brooks | Landschaft zieht vorbei
Der Pfirsichmond scheint so still Tanzen wir ihn wach
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Ingo Cesaro | Aus dem Teufelskreis
Termine Zahlen und Mails entflieht er träumend
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Christian Futscher | Ruhig Tee trinken
aber in der Tasse fährt ein Irrer Jetski
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Susa Hämmerle | Kein Rauch am Wegrand
schläfrig liegt der Himmel da wie ein sattes Tier
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Johanna Hansen | Rasender Stillstand im Zeittunnel aus Tagen Ohnmachtsgefühle |
Erika Kronabitter | Schwirrende Flügel
grün schimmert die Libelle Schattenpunkt im Teich
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Mathias Müller | Ein Platz und Blätter
wie aus der Luft gegriffen beinah menschenleer
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Laura Nussbaumer | Der frühe Wurm fängt den Sturz des Habichts schneller stirbt effizienter |
Nils Nussbaumer | Eine alte Frau
stützt sich auf ihren Rolli und atmet laut auf
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Sarah Rinderer | Schau mal die Ferne
am Bahnsteig gegenüber eigentlich ganz nah
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Siljarosa Schletterer | Diskrepanz die Angst – die rast das Jetzt – das bleibt |
Petra Sela | Der Motor heult auf Erdklumpen und Schnee spritzen das Auto steht still |
Valerie Travaglini | Rasend still das Herz
aus dem Abendhimmel tropft der neue Morgen
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BU: Bürgermeister Wolfgang Matt, Erika Kronabitter (Literatur Vorarlberg), Künstlerin Omani Frei, Kulturamtsleiterin Maria Simma und Kulturstadträtin Natascha Soursos mit einem der Haikus am Bahnhof. (Foto: Stadt Feldkirch)
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