Petra Pellini, Der Bademeister ohne Himmel
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Petra Pellini, Der Bademeister ohne Himmel

Petra Pellini, Der Bademeister ohne Himmel

Tina Strohmaier liest ,Der Bademeister ohne Himmel‘ von Petra Pellini  

Das Lesen des Buches gestaltet sich als angenehm und fließend, benötigt aber Aufmerksamkeit, da es eine Lektüre ist at its finest. Bereits nach fünfzig Seiten entfaltet die Handlung ihren Sog. Auch die Spannung nimmt zum Ende hin zu und gipfelt in einem Klimax. Das Buch ist im Präsens geschrieben: wundervoll nah.

Die Sätze sind wohl strukturiert. Die Gliederung in kurze Kapitel ist sehr gelungen und lesefreundlich und trägt dazu bei, dass man gerne weiterliest. Beim Schreiben ist bestimmt an die Leserschaft gedacht worden. Dieses Buch folgt einer chronologischen Erzählung und einer Ich-Erzählerin, was die immer wieder verwendete Jugendsprache erklärt: „no front, Mama“, „fleen“, „steil“.

Die Dauer der erzählten Handlung erstreckt sich über ein Jahr.

Aber worum geht es? Die Jugendliche Linda und der Senior und Indoor-Bademeister Hubert sind Nachbarn. Huberts Gehirn wirft seit geraumer Zeit alle Ereignisse in einen Topf. Er ist an Demenz erkrankt. Linda trifft zufällig durch Huberts Tochter mit ihm zusammen. Sie ist eine Jugendliche, die sich nicht auf ihre Eltern verlassen kann. Die Schule schwänzt sie manchmal, obwohl sie die heimliche Klassensprecherin ist. Sie unterstützt Ewa, Huberts polnische Pflegekraft. Und dann gibt es noch Kevin, einen Freund von Linda. Aber ihm vertraut sich Linda nicht an, dafür erzählt sie Hubert, wie es ihr wirklich geht. Dieser allerdings vergisst alles. Die Umstände der beiden Protagonisten verschlechtern sich. Es kommt zu Krankenhausaufenthalten – u. a. wegen eines Autounfalls – und die Abwärtsspiralen werden sichtbar.

Pellini arbeitet mit subtilen Symbolen wie dem Säbelzahntiger-Symbol, oder einer zerbrochenen Teetasse, die zum Vorboten einer Tragödie wird.

Die Frage nach einem realen, geschichtlichen Bezug für den Bademeister bleibt offen. Hat es in Bregenz 42 Jahre lang einen Bademeister namens Hubert gegeben?

Seine Arbeit gibt Hubert in der Krankheit Halt. Linda unterstützt ihn und beeindruckt durch emotionale Reife. Das Buch hat diesbezüglich einen didaktischen Wert.

Interessant ist die Wahl des Titels und dessen Deutungsmöglichkeiten: Hubert ist durch die Demenz an die Wohnung gebunden, so sieht er eher „eine Decke“ als einen „Himmel“. Vielleicht deutet das „ohne Himmel“ auch auf die Ungerechtigkeit, die ihm durch die Demenz widerfährt.

Die Hauptthemen, die in „Der Bademeister ohne Himmel“ von Petra Pellini angesprochen werden, sind Demenz und ihr Umgang damit z. B., dass man Hubert in seiner Welt leben lassen sollte, wenn dies auch bedeutet, ihn anzulügen oder ihm Dinge vorzuenthalten. Auch das Thema der Pflege ist präsent sowie die psychische Gesundheit bei Jugendlichen, Stichwort: Depression.

Das Buch hat sehr emotionale Passagen, bspw. als Hubert auf seine Frau wartet, weil er glaubt, sie lebe noch und komme gleich vom Einkaufen zurück. Es verbindet Komisches mit Tragischem auf eine leichte, spielerische Art, etwa wenn Hubert behauptet, seine Mutter sei 75, wobei er schon 86 ist. Oder wenn Hubert Hundekekse isst oder tagelang seine Zähne sucht.

Eine Fortsetzung dieses Buches wäre wünschenswert!
Gratulation zum verdienten Literaturpreis 2021, den Petra Pellini mit einem Auszug des Romans gewonnen hat.

Petra Pellini
Der Bademeister ohne Himmel
rowohlt Kindler Verlag, 2024, 320 Seiten
ISBN: 978-3-463-00068-8
gebundene Ausgabe € 24,50–

 

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